Putzen, waschen, kochen – typische klischeehafte Rollenbilder eines Mannes. Sagt sie. „Also so ’ne pauschale Aussage verletzt mich jetzt persönlich.“ Sagt er. „Das Geschlecht ist doch nur ein soziales Konstrukt, das sich nur durch die gesellschaftlich tradierte Wiederholung von Sprechakten konstituiert“, sagt er. „Boah, in Deinen Kopf möchte’ ich auch nicht stecken!“, sagt sie.
Entwaffnend, komisch bis romantisch-melancholisch, politisch-agitierend bis kalauernd versöhnlich, am Donnerstagabend warfen sich das Ehepaar Wiebke Eymess und Friedolin Müller im Rathaus ihre verbalen Bälle um die Ohren.

Sie nennen sich „Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie“. Warum, das erklären sie ganz zum Schluss als Zugabe in einem selbst komponierten Lied. Bis dahin präsentieren – nein: leben – sie Szenen aus dem Alltag. Das real-fiktive Liebespaar verquatscht, singt, spielt und tanzt selbst komponierte Lieder, jongliert und führt eine Smartphonie auf. Echte Kleinkunst im großen Sitzungssaal des Neuenkirchener Rathauses. „Gleich knallt’s“ heißt ihr Programm.

Ja, auch Bienensterben, die vielen Toten in Kriegen, Tote durch Hunger, Massenschlachtungen von Nutztieren, Plastikmüll im Meer, Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, AfD-Bedrohung, kamen immer wieder vor, etwa in ihrem Lied „Tabula rasa“. Angelehnt an den alten Bob-Dylan-Protestsong singen sie: „Sag mir wo die Blumen sind, wo sind sie geblieben? Glyphosat verjagte sie, was wird gescheh’n? Wann wird man je versteh’n?“ Das aber nur nebenbei. Sie quatschen, snacken, ratschen einfach. Über Gott und die Welt. Und vor allem über sich.
Er: „Was Du sagst, ist was Du denkst, bevor Du weißt, was Du sagst“. Sie: „Wenn ich nur noch reine Fakten sprechen würde in Hauptsätzen mit Subjekt, Objekt, Prädikat ohne Konjunktiv, weißt Du was ich dann aus mir machen würde? Dich!“ – „Ja, aber es würde ’ne Menge Zeit sparen“.

Was sie damit meint drückt sie an anderer Stelle so aus: „Was Du meinst, ist doch: Richtig so Wiebke, der blöden Kuh hätte ich auch mal meine Meinung gesagt, und als ich dann traurig wurde, hast du gesagt: Aha! Aber eigentlich hieß das doch. Wiebke, jetzt mach’ Dir nicht so viele Gedanken, Du bist doch ’ne echt tolle Frau, das hast Du überhaupt nicht nötig, ich hab’ Dich doch lieb!“ – Er: „Aha“. – „Wusstest Du, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen einem Autismus und einem Überschuss an Testosteron?“ – „Aha!“

Zwei Stunden freche beziehungsreicher Schlagabtausch vom Feinsten. Mit „Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie“ hat es Janis Große Wöstmann wieder geschafft, ein Highlight aus der deutschen Comedy-Szene nach Neuenkirchen zu holen. Aha.