Ja, es war voller und bunter als vor der Pandemie. Sowohl auf den Straßen als auch abschließend in der Reithalle Ulmker. Ganz Neuenkirchen wollte nach drei Jahren Karneval-Ausfall wieder dabei sein beim großen Rosenmontagszug, dem krönenden Abschluss der Karnevals-Session 2023. 

Zug kam immer wieder ins Stocken

Als sich die versammelten Gruppen um 10:33 Uhr auf der Marktstraße in Bewegung setzten, in der „Anfangsschleife“ über den Kirmesplatz, Zum Thie auf die Bahnhofstraße kamen, waren die Zuschauer noch überschaubar. Spätestens beim Einbiegen auf die Hauptstraße und zum Rathausplatz war kaum ein Stehplatz frei. Immer wieder kam der Zug ins Stocken. Schließlich marschierten 47 Karnevalsgruppen und Spielmannszüge mit, am Schluss dröhnten lautstark vier massive Motiv-Wagen: die von den Jungschützen der Dorfbauern als „Tom & Jerry“, vom Spielmannzug Sutrum-Harum als Ärzte, vom Rolinck-Stammtisch („Was nicht passt, wird passend gemacht“) und schließlich von der katholischen Landjugend (KLJB) als Wikinger. Diese überbreiten Fahrzeuge bei einem solchen Gedränge durch die enge Fußgängerzone zu bugsieren erfordert Fahrkunst.

Und als der Zug endlich von dort auf die Rheiner Straße stieß, gab es bis zur Halle Ulmker kein Halten mehr. Falsch – mit einer Ausnahme: Als aus den Lautsprechern der KLJB, etwa an der Einmündung vom Bergweg, Achim Reichels „Aloha heja he“ ertönte, sprang die komplette Landjugend wie auf ein Zeichen von ihrem Motiv-Anhänger, legten sich in langer Reihe vor dem Trecker auf die Straße und begannen die allseits bekannten Ruderbewegungen. Der Rolinck-Wagen vor ihnen war längst weg. Egal, man hatte es ja nicht eilig. Ein spontaner Riesen-Spaß für Akteure wie Zuschauer.

Die Halle füllte sich zu Beginn unaufhaltsam

Die Überquerung des Westfalenrings war wie immer kein Problem mit der Vorfahrt-Regelung. Polizisten und der private Ordnungsdienst aus Rheine arbeiteten Hand in Hand. Und dann füllte sich die Halle unaufhaltsam. „Dürfen wir in Zeiten wie diesen überhaupt Karneval feiern?“, fragte Moderator Tommy Brügge zu Beginn des offiziellen Teils in der Halle. „Corona, Ukraine-Krieg, Erdbeben in der Türkei und Syrien, Wirtschaftskrise – es gibt viele Gründe, nein zu sagen. Ich sage ja!“, führte er aus. 

Feiern und lachen gebe gerade unter solchen Umständen Mut und Kraft, wenn in diesem Jahr auch mit einem Beigeschmack. „Wir ändern die Welt nicht, wenn wir nicht feiern. Wir können sie aber ändern, wenn wir feiern!“, schloss er unter Beifall aus der Halle.

Tommy Brügge sagt „tschüss“

Wie immer begrüßten die beiden Moderatoren Maik Wehmschulte und Tommy Brügge alle Prinzenpaare aller Neuenkirchener Vereine mit ihren Präsidenten und stellten sie einzeln persönlich vor. Als die Reihe an Sascha Mühren, dem Vorsitzenden des Heithöker Schützenvereins, kam, verriet Mike, dass dieser am Rosenmontag Geburtstag hatte. Und stimmte gleich mit vielen aus dem Saal ein „Happy Birthday to you“ an. Und dann gab er bekannt, das sein Mit-Moderator Tommy zum letzten Mal auf der Bühne stehe. Er dankte ihm für 15 Jahre Karnevals-Moderation, egal ob beim Sturm aufs Rathaus, bei der Heithöker Prunksitzung und bei Kinderkarneval oder am Rosenmontag in der Halle Ulmker. Genauso dankte und ehrte VSG-Vorsitzender Dirk Geisler ihn für „15 Jahre unermüdliche Aufopferung für die Vereinigten Schützengesellschaften“. Das war die erste dreistufige Rakete wert. Es sollten an diesem Tag noch viele folgen. Der Auszug der Majestäten dauerte entsprechend lang: jede(r) musste Tommy noch einmal in den Arm nehmen und sich bedanken.

Tanz auf der Bühne

Wie immer am Rosenmontag traten die Garden aller Vereine auf, inklusive der Roten Husaren, der Landersum LA-Sister, den Landjugend-Dancers sowie der Solomariechen Paula Ott (Offlum) und Laura Garmann (St. Arnold). 14 Aufführungen in einem dreistündigen Programm. Die Stimmung war wieder ausgelassen, die Halle deutlich voller als vor der Pandemie. Selbst als gegen 13 Uhr die Ordner 8 Euro Eintritt verlangten, stand eine lange Schlange vor dem Eingang. Erst ab 17 Uhr, lange nach dem offiziellen Programm, lehrte sich die Halle. Ein gelungener Rosenmontag und ein würdiger Karnevalsabschluss.